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Raketenpionier Boris Tschertok gestorben
Autor: Ralf Heckel, International Space Education Institute


Boris Tschertok PortraitNachruf: Am 14. Dezember 2011 starb in Moskau der 99-jährige Raketenpionier Boris Tschertok an einer Lungenentzündung. Tschertok begleitete die russische Raumfahrt viele Jahre als Abteilungsleiter für Steuerung und Lenkung von Raketen. In seinem Wirkungsbereich arbeiteten bis zu 3000 Ingenieure und Wissenschaftler. Als Schuljunge sah Tschertok noch Lenin. Als Student erlebte er den Aufbau der Sowjetunion und baute selbst Segelflugzeuge die er mit Freunden in Koktebel an der Krim ausprobierte.

Als junger Ingenieur verteidigte er als Entwickler in den ehemaligen Junkers-Flugzeugwerken Moskau sein Land. Nur wenige Kilometer trennten ihn von der Division der deutschen Armee vor Moskau, in welcher zuvor noch der spätere Apollo-Raketeningenieur Konrad Dannenberg (geb. in Weißenfels b. Leipzig) kämpfte. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete Tschertok an Raketenflugzeugen zur Luftabwehr der Hauptstadt. Mit dem Vormarsch der Roten Armee nach Deutschland gehörte Tschertok zu jenen Ingenieuren, welche die ersten Überreste einer V2-Rakete im Versuchsgelände Heidelager und später Peenemünde zu verstehen versuchten. In Alter von 33. Jahren bezog er im Juni 1945 in Bleicherode im Harz die Villa Franke und gründete dort das Institut Raketenbau und -Entwicklung (RabE). Dort lernte er auch den späteren Sputnik-Chefkonstrukteur Sergej Koroljow und alle späteren Mitglieder des OKB-1 kennen. Darunter befanden sich der Sputnik-Sender-Entwickler Michail Ryazanski und der Raketentriebwerks-Entwickler Valentin Gluschko.

Chertok an Korolevs home, 2010In den Folgejahren war Tschertok direkt an allen Pionierleistungen der russischen Raumfahrt beteiligt und lötete nicht selten selbst an den Raumfahrzeugen bis zur Startfreigabe. Die bekanntesten Leistungen sind: erster Satellit im All, erstes Foto von der Mondrückseite, erste Landung auf dem Mond, erste Rückkehr vom Mond, erster Mensch im All, erster Weltraumspaziergang. Aber auch viele Fernexpeditionen mit der Realisierung von Funkübertragungen über bis dahin unvorstellbare Entfernungen gehören seinen Verdiensten an.

Chertok and von PuttkamerTschertok 2007 im Gespräch mit Prof. von Puttkamer (NASA); Tschertok am 12.1.2011 zu Hause bei den Korolevs

Bis zum Tage seines Todes war Tschertok im aktiven Dienst als Ingenieur und Berater bei der Firma RKK Energia angestellt. Er war Vorsitzender der Koroljow-Lesungen, welche jedes Jahr an der Moskauer Baumann-Uni mit hochdotiertem Publikum durchgeführt werden (Foto: Tschertok im Gespräch mit NASA-Amtskollegen Prof. Jesco von Puttkamer, Jan. 2007). Noch im Januar 2011 konnten die Schüler des SEI aus Leipzig (Tobias Meier und Christoph Eibeck) ihn während einer Moskau-Expedition zur Feier des Geburtstages von Koroljow erleben. Bis zuletzt verlor Tschertok nie seine grundoptimistische Zuversicht als Entdecker neuer Welten.

Das International Space Education Institute strengte in den letzten Wochen die Honorierung Tschertoks am Kennedy Space Center (Cape Canaveral) an. Dort ist sein Name seit dem 12.12.2011 neben dem seines langjährigen Freundes und Kollegen Koroljow in Stein gefräst. Diese Urkunde mit Foto wird am 12.1.2012 der Firma Energia in Moskau von der Leipziger Botschafterin für Raumfahrtausbildung, Yvonne Heckel, übergeben. Am 1. März 2012 wäre sein 100. Geburtstag gewesen. Tschertok schrieb 5 Bücher welche tiefe Einblicke in die russische Raumfahrt der Zeit des Kalten Krieges geben. Sie wurden vom Elbe Dnjepr-Verlag übersetzt und sind auch in der USA in englischer Sprache eine heiß begehrte Ware.
 
Weitere Infos

Spacewalk of honorCertifikate BVoris Chertok, Kennedy Space CenterBoris Tschertok auf dem Spacewalk of Honor zusammen mit S.P. Korolev, seit 12.12.2011, Kennedy Center Visitor Complex

Fotos, Videos, Text: Ralf Heckel,